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Gretchenfrage

Unsere Kunden schildern uns ein Problem, wir betrachten es von einem anderen Standpunkt heraus. Die Lösung entsteht in der Mitte. Die Kernthematik wird erst sichtbar, wenn beide Blickwinkel integriert werden.

Vor einigen Wochen feierte mein Patenkind Konfirmation. Wenige Tage vor ihrem Fest fragte sie mich: „Glaubst du an Gott?“ Die Frage hat mich etwas überraschend getroffen. Die Gretchenfrage „Wie hältst du es mit der Religion?“ ehrlich zu beantworten, das erfordert Mut, der mir zugegebenermaßen manchmal fehlt.
„Ja, ich glaube schon, dass es eine höhere Ordnung gibt, die unser Leben hier auf Erden steuert“, antwortete ich schließlich im unkonkreten, ausweichenden Business-Stil.
„Woher willst du das wissen? Für die Existenz Gottes gibt es keine Beweise.“
Meine Interviewerin erwartete von einem ihrer Vorbilder eine aufrichtige Stellungnahme, ein Bekenntnis meines Glaubens, das auch sie bald abgeben sollte.
Das griechische Wort ‚pistis‘ steht sowohl für Glaube, als auch für Vertrauen, Selbstvertrauen und Treue. Hinter der Frage dieses Teenagers verbirgt sich möglicherweise noch was anderes: Inwieweit kann ich meinem Umfeld vertrauen? Ist meine Patentante echt, glaubhaft und authentisch, oder spielt sie mir etwas vor?
„Siehst du, du weißt es auch nicht“, resümierte sie schließlich, enttäuscht darüber, auf wesentliche Fragen keine Antwort zu erhalten.

 

Hand aufs Herz
„Ja, du hast recht: ich weiß es auch nicht! Wie viele andere Menschen bin auch ich auf der Suche. Allerdings habe ich auf meinem Weg unzählige Erfahrungen gemacht, die mich ermutigt und aufgebaut haben, wenn ich verzweifelt war. Ich kenne Momente, in denen mein Gewissen meine Entscheidungen beeinflusst hat. Ich erinnere mich an schwierige Lebenssituationen, in denen ich mich geführt und geleitet fühlte. Beziehungen mit anderen Menschen konnten geklärt werden, weil es möglich war, Fehler zu verzeihen. Aus der Stille, in der Meditation schöpfe ich Kraft, jeden Tag aufs Neue.“
Mein Patenkind schaute mich mit großen Augen an. Einen Beweis für Gottes Existenz konnte ich ihr nicht liefern, jedoch eine Ahnung davon vermitteln, was mein Leben bereichert, weil ich in dem Vertrauen lebe, selbst ein lebendiger Teil der Schöpfung zu sein.
„Diese Erfahrung wünsche ich dir auch. Also: Bleib auf der Suche!“

Herzlichst
Stefanie Aufleger

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