Früher waren es die Fett-Installationen von Joseph Beuys, bei denen Medien aufheulten. Heute sind es die Fettnäpfchen der Woke-Bewegung, auf denen Menschen regelmäßig ausrutschen und als rassistisch, diskriminierend, unsolidarisch etc. auf die Schnauze fallen. Das geht ganz schnell, z.B. wenn man die falsche Frisur trägt, zu der man kulturell nicht ermächtigt ist. Oder wenn in der Kneipe neben der Mohrenapotheke ein Zigeunerschnitzel bestellt wird. Tswischentseitlich reicht es aus, den falschen Buchstaben tsu verwenden. Jetzt ist schon das „Z“ verboten – damit ist klar: die Verhunzung der Sprache wird so schnell kein Ende finden!
Stattdessen lassen wir die Allianz-Arena in Regenbogenfarben aufstrahlen und hüllen unsere Kirchtürme in blau-gelben Glanz. Ein Schein-werfendes Spotlight auf die Aufgewecktheit unserer Gesellschaft?
## Hand aufs Herz
Sind wir denn wirklich so „aufgewacht“, wie es uns die Woke-Bewegung weis macht? Oder lügen wir uns nicht selbst in die Tasche? Wie entspannt bleiben denn die meisten, wenn ihnen allein im Park ein Schwarzer begegnet? Oder wie gehen wir denn als Gesellschaft mit Anders-Denkenden um? Wieviel Zensur ist erlaubt, wieviel Ausgrenzung gestattet? „Du wirst sie an ihren Früchten erkennen“, sagte einst ein weiser Mann. Bei allem „erwachten Geschwätz“ erkenne ich vor allem Fäuste, Ellenbogen, Verbote, Kontrollen, Diskriminierung und Ausgrenzung u.a. von Ungeimpften und Russlanddeutschen in den eigenen Reihen. Sorry, weit entfernt von „woke“, bei diesen Themen scheinen noch viele zu pennen. Wird Zeit, dass wir auch dafür die Augen öffnen!
Stefanie Aufleger | STEAUF.de
akzent-Kolumne 2022/05